Eine Rettungsaktion auf hoher See

Was man bei so einem JTC-Törn nicht alles lernt! Sicher, Knoten und verschiedene Anlegemanöver gehören zum Standardprogramm. Aber wie man ein Cargoschiff abschleppt, das größer ist als das eigene Boot, das ist doch mal was Neues!

Ein Notruf auf hoher See – Da benötigt jemand Hilfe

Wir sind auf unserem Guadeloupe-Törn unterwegs von der Westküste zu den im Süden vorgelagerten Iles des Saintes, als wir einen Funkspruch auf Englisch hören. In dem französischsprachigen Land ist das allein schon außergewöhnlich. Aufhorchen tun wir aber als es „Panpan“ heißt. Da benötigt jemand Hilfe. Die durchgegebenen Koordinaten entsprechen so einigermaßen unserer Route, also fragen wir noch mal nach. Es handelt sich um ein 18-Meter langes Cargo-Schiff, dessen Motor ausgefallen ist, sodass es nun auf offener See umhertreibt. Später finden wir raus, dass die „Bak Together“ in Sint Maarten gestartet ist und auf dem Weg nach St. Vincent war, als der Motor ausfiel. Morgens um fünf haben sie den Notruf abgesetzt, als sie lediglich eine Seemeile von der Küste Guadeloupes entfernt waren. Wir beantworten den Funkspruch um 9.20h, als sie bereits weit rausgetrieben sind. Natürlich sind wir entsetzt, dass sich niemand in diesem viel befahrenen Gebiet um einen Hilferuf zu kümmern scheint. Von dem Vieeel-Lieeebe-Prinzip ist hier wohl noch nicht bei allen was angekommen.

4 Meter Wellen – Holt die Lifebelts raus

Wir ändern unseren Kurs also in Richtung offenes Meer. Dort draußen erwarten uns dann vier Meter Welle, das schaukelt unseren Katamaran schon ganz schön durch. Nun kommen endlich auch mal die Rettungswesten und Lifebelts zum Einsatz. Wir bereiten unsere Leinen so vor, dass wir diese jeweils an Backbord und Steuerbord am Heck befestigen und dann zu einem Y zusammenführen, an welches sich wiederum das manövrierunfähige Schiff hängt. Die Herausforderung besteht natürlich unter anderem darin, dass man bei derartigem Wellengang nah genug an das andere Schiff herankommt ohne zusammenzustoßen und dann auch noch die Leinen herübergeworfen bekommt. Wir meistern diese Aufgabe trotz der Wetterlage – inzwischen hat es auch noch zu regnen begonnen – und ziehen nun ein Cargoschiff hinter uns her. Bisher hat das Ganze drei Stunden gedauert.

Wenn es einmal läuft – Unser Keilriemen ist gerissen

Aber als wäre das nicht Abenteuer genug, schweigt unser Backbordmotor auf einmal erstaunlich laut. Der Keilriemen ist gerissen! Wir hissen beide Segel und geben alles, was der Steuerbordmotor zu bieten hat, kommen aber aufgrund der Wellen und des wenigen Windes und natürlich auch wegen unserer Schlepplast mit lediglich zwei bis drei Knoten voran. Unser Skipper steigt in den Motorenraum ab, für die nächste Stunde übernimmt die Crew das Kommando und hält den Kontakt sowohl zur „Bak Together“ als auch zur Rettungsstelle in Martinique. So lernt man nebenbei noch gleich das Funken. Tatsächlich kriegt unser Skipper den Keilriemen während der Fahrt gewechselt, wir können mit voller Kraft, diesmal vier Knoten, in die nächste Bucht. Pünktlich zum Sonnenuntergang können wir den Anker des Cargoschiffes und auch unseren eigenen werfen. Die Bucht ist klein und voll und nicht jeder versteht, was hier gerade vor sich geht. So dauert unser gemeinsames Ankermanöver noch mal eine knappe Stunde und unsere Strecke, die wir in der Bucht zurückgelegt haben, sieht doch sehr nach dem Haus von Mickey Maus aus.

Ende gut, alles gut – Ein lehrreicher Tag

Wir schauen abends nochmal bei den Jungs von der Bak Together vorbei. Die sind äußerst dankbar. Wir bringen auch gleich noch ein paar Lebensmittel mit, da wir mitbekommen haben, dass sie wohl knapp sind. Und mal ehrlich, man kauft doch eh immer zu viel ein beim Törneinkauf, oder?

Einige Tage später kriegen wir eine Nachricht von der Besatzung des Schiffes, dass sie gut in St. Vincent angekommen seien. Ende gut, alles gut – und viel gelernt!

 

Wir bedanken uns bei unserer Mitseglerin Carina für diesen spannenden Artikel!

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