Segeln am anderen Ende der Welt
Wo liegt eigentlich Französisch-Polynesien? Kurz gefasst-ganz schön weit weg! Genauer gesagt in der Südsee. Also genau einmal auf der anderen Seite der Welt. Wie weit weg “weit weg“ ist, weiß man erst, wenn man sich etliche Stunden den Hintern im Flugzeug platt gesessen hat. Da ich ohne größeren Zwischenaufenthalt oder Übernachtungen nach Raiatea–Startpunkt des Törns–geflogen bin, war ich super froh, als ich und mein Gepäck nach gefühlten drölftausend Stunden angekommen sind. Umso schöner war bereits der Landeanflug auf Raiatea. Hier konnte ich schon einen ersten Blick auf die faszinierenden Inseln mit ihren außenliegenden, kreisförmigen Riffs und dem türkisen Wasser erhaschen. Die Vorfreude stieg und mir wurde bewusst, ich bin im Paradies angekommen!
Erst die Arbeit und dann das Vergnügen
Wie vor jedem Törn stand erst mal einkaufen an. Wobei wir bereits im Vorfeld das meiste bestellt und liefern haben lassen, sodass wir nur noch ein paar letzte frische Sachen besorgen mussten. Wieder zurück konnten wir aufs Boot und die Packerei ging los. Was kommt wo hin? Für 11 Leuten kommt einiges an Proviant zusammen, sodass jeder kleine Schrank zum Verstauen ausgenutzt wurde.
Inzwischen waren auch alle Crew-Mitglieder angekommen. Die Hitze und gnadenlose Sonneneinstrahlung trieben uns an, alles möglichst flott zu verstauen, damit wir noch am selben Tag zu einer ca. 1 Stunde entfernten kleinen Inseln fahren und ins heiß ersehnte Wasser springen konnten.
Was uns im Paradies erwartet
Während des 14-tägigen Segeltörns erkundeten wir die Inseln Raiatea, Tahaa, Maupiti, Huahine, Bora Bora und Moorea. Französisch-Polynesien hat eine unfassbar vielfältige Unterwasserwelt zu bieten, sodass wir sehr viel Zeit mit Schnorcheln verbrachten. Aber auch der ein oder andere Berg lohnt sich zu erklimmen, da man so die wunderschönen Inseln von oben sehen kann.
Zu Beginn des Törns war der Wind leider noch etwas mau, aber nach ein paar Tagen Flaute wehte ein schöner Wind, sodass wir den ein oder anderen Schlag zur nächsten Insel unter Segeln zurücklegen konnten. Insgesamt legten wir unglaubliche 435 Meilen (ca. 700 km) inklusive dreier Nachtfahrten zurück.
Maupiti – Macheten-Unfall und ein verschlafenes Dörfchen
Gleich zu Beginn des Törns sollte es aufgrund der günstigen Wetterlagen über Nacht nach Maupiti gehen. Maupiti ist eine kleine Insel, in die man nur hineinfahren kann, wenn es wenig Wind hat, da sich bei viel Wind ein zu großer Schwell aufbaut. Wir hatten Glück und der Wetterbericht recht behalten, sodass wir entspannt durch die Zufahrt in das Riff fuhren. Nach dem Frühstück und ausgiebigen Baden erkundeten Chrille, Oli, Martina und ich am Nachmittag ein kleines Dorf. Wir kamen an Häusern mit Gräbern im Vorgarten, sowie an Boccia spielenden Männern vorbei und lernten sogar den König der Insel kennen. Bei einem kurzen Stopp in einem Einkaufsladen erkundigten wir uns nach frischem Fisch. Frischen Fisch gab es leider nicht, dafür aber riesige Macheten – Mario hatte am Vorabend beim Versuch eine Kokosnuss aufzumachen unser einziges, großes, gute Messer entzweit. Chrille schnappte sich daher eine Machete und zeigte sie mir. Im selben Augenblick kam Oli auf uns zu und stolperte in Chrille hinein, der immer noch die Machete in der Hand hatte! Knapp entgingen wir einem Unfall – vielleicht wollte Oli uns aber auch nur los werden. Nachdem der Schock überwunden war, ging es weiter und wir entdeckten den absolut süßesten Hund. Wir schmiedeten schon Pläne wie wir ihn aufs Boot schmuggeln und stellten uns vor wie drollig er übers Boots tapsen würde. Ach, wir hätten ihn einfach mitnehmen sollen.
Maupiti – hoch hinaus
Die Aussicht von hoch oben auf ganz Maupiti wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen, daher marschierten Ingo, Oli und ich am nächsten Tag in der Früh los um den Mount Teurafaatiu, 372 Höhenmeter zu erklimmen. Ziemlich von Anfang an ging es steil bergauf und obwohl es noch früh am Morgen war, war es extrem heiß. So kämpften wir uns den Weg nach oben. Ingo war bereits am Abend zuvor schon einmal oben gewesen und konnte uns somit den ein oder anderen Umweg ersparen und erzählte uns von der noch bevorstehenden Kletterpartie. Oli wurde zunehmend nervöser und irgendwann konnten wir ihm entlocken, dass er eigentlich Höhenangst hat. Da
Umdrehen für uns keine Option war, halfen wir Oli mit gut zureden den Berg hinauf und gemeinsam kamen wir oben an, von wo aus sich ein atemberaubender Blick bot, den ich absolut nicht missen möchte. Nachdem wir die Aussicht genossen hatten, machten wir uns wieder auf den Rückweg zum Boot, da wir am gleichen Tag noch nach Bora Bora segeln wollten.
Bora Bora – Haisafari und ein verregneter, feucht fröhlicher Tag
Bora Bora – die wohl schönste Insel in Französisch-Polynesien – begrüßte uns leider mit Regen. Für einen Teil der Crew ging es am Vormittag zu einer Hai-Safari. Wir wurden von einem lokalen Guide mit einem traditionellen Boot abgeholt. Außerhalb des Riffs sind wir dann zu den Haien ins Wasser gesprungen. Um uns versammelten sich viele kleinere Haie. Bei manchen lösen Haie das Gefühl – Spinn ich, ich will hier weg – aus, ich wiederrum dachte mir, wo sind denn jetzt die großen Haie? Da tauchte auch schon ein großer Zitronen-Hai auf. Nachdem wir einige Zeit lang mit den Haien geplanscht hatten, ging es zurück aufs Boot und zu einem sehr gut erhaltenen Korallen-Garten.
Anschließen ging es weiter zu einer Sandbank, wo wir noch einige Zeit mit Rochen spielten. Die Rochen, die von unserem Guide liebevoll Chantal, Jackelin und Mandy genannt wurden, waren mega verspielt und schwammen ständig um uns rum und an uns hoch. Boris – so haben wir ihr getauft – hatte definitiv schon so manches erlebt, denn er hatte einige Schrammen auf seinem Rücken. Am Mittag wurden wir wieder an unserem Segelboot abgesetzt. Da es leider immer noch regnete, spielten wir Karten und dabei ging das ein oder andere alkoholische Getränkt über den Tisch. Irgendwann wurde die Stimmung immer ausgelassener und fröhlicher – man munkelt, es könnte mit dem steigenden Alkoholgenuss zusammenhängen. Am Ende hatten wir alle gut einen sitzen und jeder versuchte beim Karten spielen den anderen möglichst viel zu behindern. So feierten wir noch bis in den Abend hinein und gingen irgendwann ins Bett. Am nächsten Morgen wurden wir zum Glück mit viel Sonnenschein auf der wunderschönen Insel begrüßt.
Moorea – Verloren im Ananasfeld
Nachdem wir nach einer langen, 16-stündigen Nachtfahrt endlich in Moorea angekommen sind, gab es erst mal ein ausgiebiges Frühstück und wir schmiedeten Pläne für den Tag. In Moorea gibt es einen Aussichtspunkt, der auf einer Höhe von 247 m liegt und mit Blick auf zwei Buchten. Da wir dringend mal ein bisschen Bewegung auf festen Untergrund benötigten, beschlossen wir zu Fuß zu laufen. Erstmal ging es einige Zeit an einer ebenen Straße entlang, bis wir nach links Richtung Berge abbogen. Abgesehen davon, dass es jetzt 247 Höhenmeter bergauf ging, hatten sich die Straßenverhältnisse – breiter, geteerter Weg – nicht verändert. Ab und an düste ein Auto, Roller oder Elektrofahrrad an uns vorbei. Oben angekommen hatten wir eine sehr schöne Aussicht auf die beiden Buchten und die Vegetation der Insel.
Da wir alle nicht wirklich Lust hatten den geteerten Weg wieder zurückzulaufen, beschlossen wir einen alternativen Wanderweg zu gehen. Alle studierten noch mal die Karte, denn es gab mehrere Wanderwege, die sich ab und an kreuzten. Ingo, der die Rolle als Guide übernommen hatte, navigiert uns entlang von Bäumen, Palmen, Sträuchern und Bächen. Irgendwann kamen wir zu einem Ananasfeld. Mein erster Gedanke war – Ananas wächst nicht auf Bäumen, sondern am Boden? Leider hatte ich das laut ausgesprochen, denn alle drehten sich schockiert zu mir um. Zu meiner Verteidigung, hatte ich mir bis dato keine Gedanken darüber gemacht, wo und wie Ananas wächst.
Immer noch über die großen Weiten des Ananasfeldes staunend, kamen wir an eine Weggabelung.
Und da nahm das Drama seinen Lauf…
Theoretisch hätten wir immer nur den weiß-rot gestreiften Bändchen folgen müssen. Aber irgendwo sind wir irgendwann mal in den riesigen Ananasfeldern falsch abgebogen. Und von da an ging es mal bergauf, mal bergab, mal rechts, mal links und mehrmals im Kreis. Manche Stellen kamen uns schon sehr verdächtig bekannt vor. Zwischendurch probierten wir es auch querfeldein, sodass wir uns durch brusthohes Gebüsch durchschlagen mussten – nur um dann an einem uns sehr bekannten Weg wieder herauszukommen.
Nach einiger Zeit dachte jeder er weiß es besser und kennt den richtigen Weg. Die Stimmung wurde zudem auch etwas gereizter. Da mir die Latscherei so langsam auf den Kecks ging, holte ich letztendlich doch mein Handy raus und schaute auf meiner Offlinekarte nach dem richtigen Weg. Ab da an konnte ich uns aus dem Ananasfeld und auf die richtige Straße navigieren. Da wir beschlossen hatten, zu der Nachbarbucht zu gehen und von da aus am Wasser entlang zu unserem Schiff, lag noch ein sehr langer und für einige sehr schmerzhafter Rückweg vor uns. Am Ende des Tages waren wir alle ganz schön platt und um ein paar Blasen am Fuß reicher. Ein Gutes hatte es jedoch, gegen Ende war selbst ich überzeugt, dass Ananas nicht auf Bäumen, sondern am Boden wächst. Trotz der Strapazen war es eine sehr lustige Wanderung und gerade die unerwarteten Dinge behält man in Erinnerung.
Raiatea – Perlenfarm
Französisch-Polynesien ist für seinen Perlenschmuck bekannt. Daher ankerten wir mit unserem Segelboot in der Nähe einer Perlenfarm, um uns die Herstellung der begehrten Perlen anzuschauen. Summer – eine lustige, aufgeschlossene Amerikanerin – und ein lokaler Perlentaucher holten uns vom Boot ab und brachte uns zu einer kleinen Holzhütte auf Stelzen mitten im Meer. Summer weihte uns in den Ablauf der Perlenzüchtung ein und hatte stets einen kecken Spruch parat. Um die grau, blau, braun, grün oder schwarz schimmernden Perlen herzustellen, werden Austern benötigt. Die erste Muschel ist die Gebermuschel und wird mit einem großen Messer aufgebrochen. Aus dem Inneren wird der weiche Muskel der Muschel mit einem Skalpell vorsichtig herausgelöst und in kleine Stücke zerteilt. Jeweils ein Stück des Muskels wird anschließend zusammen mit einem Perlenimplantat in eine andere Muschel eingesetzt. Der schimmernde Farbton des Muskelstückes entspricht am Ende der Farbe der Perle und dient somit der Farbgebung. Der Arbeitsplatz zur Präparation der Muscheln wirkte wie eine Mischung aus zahnärztlicher Folterkammer, improvisiertem Operationssaal und mittelalterlicher Alchemistenküche. Nachdem alle Austern mit einem Muskelstück der Gebermuschel und einem Implantat präpariert wurden, werden die Muscheln an einem Netz befestigt und für zwei Jahre ins Wasser gehängt. Nach den zwei Jahren kann die Muschel aufgetaucht und eine Perle entnommen werden und die Prozedur zur Herstellung einer neuen Perle beginnt erneut. Da wir alle unsere Schnorchelausrüstung dabei hatten, sprangen wir anschließend ins Wasser und konnten uns die Austernfarm vom Wasser aus anschauen.
Tahaa – Hafenkino und polynesischer Abend
Gegen Ende des Törns ging es wieder Richtung Raiatea. Für den letzten Abend ankerten wir in einer Bucht vor Tahaa. Für reichlich Unterhaltung sorgten diverse Boote beim Versuch sich an Bojen festzumachen – Hafenkino vom feinsten. Da es sehr windig war und die Leinen an den Bojen sehr knapp bemessen waren, erforderte es einiges an Geschick sich ohne größeren Aufsehens festzumachen. Zu unser aller Belustigung brauchten manche ein paar Anläufe, bis sie es geschafft hatten.
Am Abend fuhren wir an Land zu einem kleinen Strandrestaurant, wo wir traditionelles Essen und traditionellen polynesischen Tanz genießen durften. Manche von uns schwangen sogar selbst das Tanzbein und es wurde sogar eine Feuerschau geboten. Nach dem schönen Abend ging es zurück auf das Boot, wo wir noch bis in die Morgenstunden beisammen saßen. Nach nur 3 Stunden Schlaf mussten wir um 7 Uhr in der Früh aufstehen, die restlichen Sachen zusammenpacken und nach Raiatea in den Hafen fahren. Gegen 9 Uhr verließen wir gemeinsam das Boot und es ging braun gebrannt, mit guten Erinnerungen an eine tolle Zeit und um einige Freundschaften reicher zurück ins kalte Deutschland.
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